Das geheimnisvolle Weihnachten

Es war einmal ein kleiner Junge. Er hieß Lukas, war neun Jahre alt und wohnte mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Nully in einem schönen Haus in Greifswald. Er freute sich schon sehr lange auf Weihnachten. Endlich war es so weit.

Lukas rollten die Schweißperlen herunter. Nur noch zehn Minuten, dann war Bescherung. Noch fünf, noch zwei, noch eine Minute. Lukas und seine kleine Schwester durften ins Wohnzimmer zu den Geschenken. Lukas erster Gedanke war, seine Ritterburg zu finden. Nully suchte verzweifelt nach ihren Barbiepuppen. Sie fand sie und Lukas erschrak. Eine der drei Barbiepuppen sah irgendwie unheimlich und geheimnisvoll aus. Aber das vergaß er, als er seine Ritterburg im Geschenkehaufen fand. Lukas aß mit Nully noch sehr viele Süßigkeiten. Schließlich mußte er ins Bett.

Wie vom Blitz getroffen schrak er auf, als er hörte, wie in der Küche jemand etwas suchte. Kurz darauf stand Nullys Barbiepuppe in einer Größe von einem Meter und achzig Zentimetern mit einem Küchenmesser in der Hand in Lukas Zimmer. Lukas wollte MAMA schreien, doch er war wie gelähmt. Die Worte dieser Barbie in Menschengestalt waren: »Ich muss dich töten«. Mit Schreckensangst griff Lukas nach seinem Spielzeuggewehr. Die Barbiepuppe war nicht sehr schlau und sie dachte, es wäre ein echtes Gewehr. Lukas fragte: »Was willst Du von mir?« Die Barbie antwortete: »Eine Hexe hat mich in eine Barbie verwandelt. Ich muss jemanden töten, damit ich wieder ich werden kann. Es sei denn, die Hexe verliert ihre Zauberkraft. Ich bin eigentlich Angela Merkel.« Lukas staunte und sagte: »Wenn Du, äh..., wenn Sie die Bundeskanzlerin sind, helfe ich Ihnen gerne, allerdings nur, wenn Sie mich nicht töten, sondern wir machen das mit der Hexe.« Die Barbie antwortete »Na gut, wir haben bloß bis Mitternacht Zeit, dann werde ich für immer eine Barbie bleiben.« Die Tränen kamen in ihre Augen. Lukas sagte schnell: »Jetzt heulen Sie doch nicht, ich helfe Ihnen doch gerne. Ach, wo wohnt die Hexe denn?« »In Schönwalde 2«, meinte die Barbie.

Als sie dort ankamen, schlichen sie zur Hexe. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet Lukas, dass sie nur noch fünf Minuten Zeit hatten. Sie rammten die Tür ein, und da stand sie, alt und mit einer krummen Nase, wie Hexen eben aussehen. Jetzt musste Lukas erst einmal darüber nachdenken, was er tun sollte. Die Zeit drängte. Die Hexe schrie: »Geht dahin, wo der Pfeffer wächst und verschwindet.« Da sah Lukas auf dem Tisch eine Flasche. Darauf stand: Hexen-Vernichtungsmittel, war wohl für die Konkurrenz gedacht. Ohne zu zögern nahm Lukas die Flasche und kippte diese, bis auf einen kleinen Rest, auf die Hexe. Die letzten 30 Sekunden liefen. Langsam, aber doch schnell, verschwand die alte Hexe, bis auf ihre Augen, Mund und Nase. Es waren nur noch zehn Sekunden Zeit. Die Hexe schrie: »Ha, ein bisschen bin ich noch da.« In den letzten drei Sekunden nahm Lukas die Flasche und ließ die Hexe mit einem Schrei verschwinden.

Als nachher alles wieder gut war, schenkte Frau Merkel Lukas Ritter für seine Ritterburg und wenn Lukas noch Lust hat, so spielt er noch heute damit.


Rezeption

Ein durchaus kommentables Erstlingswerk! Mich fasziniert die saubere Einteilung in Exposition, Entwicklung und Auflösung. Die Meta-Aussage ist erschreckend deutlich herausgearbeitet worden. Wenn alle unsere Jungautoren diesen Biß hätten, sähe unsere Literaturlandschaft anders aus, aber hallo! — Ihr badischer Beobachter







Portrait


Jakob Fischer (9) präsentiert auf Incal sein in Fachkreisen aufsehenerregendes Debut. Der Lebensmittelpunkt unseres Autors liegt im Nordosten Deutschlands, wo sich Fischer bereits seit vier Jahren mit dem Bildungssystem auseinandersetzt. Das vorliegende Werk wird von Kritikern überwiegend als post-dadaistische, politisch durchaus markante Stellungnahme zur Behandlung des klassischen Märchens durch die heutige Generation verbeamteter Germanisten gewertet, die Gegenüberstellung mit Jelinek greift allerdings zu kurz. Fischer wurde von seinem Arbeitgeber mit Publikationsverbot belegt, da er sich keiner Zensur unterwerfen wollte.